VW Käfer Sammlung Grundmann
Da werden sie selbst in Wolfsburg blass: Die Käfer-Kollektion der Grundmanns. Niemand hat mehr exklusive und exotische VW-Modelle zusammengetragen als Traugott und Christian Grundmann. Doch so sehr die beiden die Werke aus Wolfsburg verehren, schlägt ihr Herz vor allem für einen Käfer-Ableger aus Berlin.
SP-X/Hessisch Oldendorf. Von außen sind es nur ein paar unscheinbare Güterhallen am Rande des Bahnhofs und kaum ein Navigationssystem findet den Weg. Doch für Fans vom VW Käfer und seinen Ablegern verbirgt sich hinter den großen Rolltoren der Nabel der Welt. Denn nicht in Wolfsburg, sondern in diesen Flachbauten im Nirgendwo zwischen Hannover und Kassel verbirgt sich die wahrscheinlich spektakulärste Volkswagen-Sammlung der Welt – der älteste vollständig erhaltene Kübelwagen, der einzige Strahlenmesswagen aus Niedersachsen oder der erste Kombi der Welt inklusive. Vom einzigen Porsche-Prototypen in Privathand und dem ältesten Auto aus Wolfsburg, oder zumindest dessen Bodenplatte, ganz zu schweigen.
Treibende Kraft hinter dieser eindrucksvollen Kollektion von Käfern und allem, was daraus geworden ist, ist der Kampfpilot, Fluglehrer und Dachdecker Traugott Grundmann aus Hessisch-Oldendorf bei Hameln. Mittlerweile im verdienten Unruhestand, sitzt er jetzt auf dem Sofa im gemütlichen Büro hinter den Hallen und wundert sich selbst am meisten über seine Sammlung, die wächst und wächst. Denn so richtig romantisch war der Beginn der Beziehung zwischen ihm und dem Käfer nun wirklich nicht. Im Gegenteil: Nachdem er sich mit dem Schleppen von Zementsäcken erst seinen Führerschein und dann seinen Lloyd verdient hat, wechselte er in freudiger Erwartung in ein gebrauchtes Käfer Cabrio aus dem Jahr 1949. Nur um festzustellen, dass daran ständig etwas kaputt war. Zum Glück gab’s in der Nachbarschaft einen, den sie alle nur „den Holländer“ nannten. Der hat nicht nur mit Autoteilen gehandelt und Grundmann so billig Ersatz beschafft, sondern ihm auch das Schrauben beigebracht. Eine Kunst, von der er auch als Kollektor noch profitiert. Denn dass seine Sammlung in so einem guten Zustand ist, liegt vor allem am Talent in der Werkstatt: Fremdaufträge werden nicht vergeben, alle Restaurationen erfolgen in Eigenregie – und zwar so gut, dass Grundmann dafür schon zahlreiche Auszeichnungen bekommen hat.
Natürlich hat Grundmann über die Jahre gelernt, dass dieses Faible mit der Familie nicht nur mehr Spaß macht, sondern auch nur dann eine Zukunft hat, wenn der Nachwuchs daran Gefallen findet. Seine Frau hat er deshalb mit einem Ponton Cabrio für besondere Stunden und einem offenen Beetle Cabrio für den Alltag „ruhiggestellt“. Und seit Sohn Christian mit der Familie im offenen Käfer durch die USA gereist ist, brennt er noch heller für VW als sein Vater.
Deshalb war es auch der Junior, der den entscheidenden Schritt zur Sammlung gemacht hat. Oder besser: die entscheidende Fahrt. Denn als Grundmann nach seiner Zeit als Fluglehrer aus den USA zurückkam, war er zwar dem VW-Virus verfallen und vom dortigen Sammler-Fieber infiziert. „Doch hier gab es für alte VW noch keinen Markt jenseits des Gebrauchtwagenhandels“, erinnert sich der Senior an die Achtziger in Deutschland. Und als 1989 die Mauer fiel, wollte im Osten jeder so schnell wie möglich einen Golf und hat dafür alles verkauft, was er noch in der Scheune hatte. Christian harrte damals auf einen Studienplatz, hatte entsprechend viel Zeit, ist deshalb auf Einkaufstour gegangen und hat für damals große und heute lächerlich kleine Summen ein paar wichtige Klassiker mitgebracht. „Wir hatten schnell den Ruf der Spinner, die für alte Autos so viel Geld ausgeben.“ Das hat die Grundmanns aber nicht daran gehindert, Kontakte zu knüpfen, von denen sie bis heute zehren: Wann immer irgendwo in den neuen Bundesländern oder weiter im Osten interessante VW-Modelle auftauchen, klingelt deshalb bei ihnen das Telefon oder poppt eine Mail im Postfach auf.
„Dabei geht es uns nicht um besonders viele Fahrzeuge, sondern um möglichst einzigartige“, sagt der Junior, der schon mal zwei gute Autos für ein noch besseres eintauscht. Oder eben eines, das noch seltener ist. So wächst die Sammlung dann trotzdem kräftig weiter und zu den mittlerweile über 80 Autos zählen Raritäten wie das älteste Hebmüller Cabriolet, ein Herbie, der Prototyp eines Karman Typ 34 als Cabrio, ein VW 38 Prototyp ebenso wie das Rometsch-Archiv oder ein Käfer-Hubschrauber.
Zwar schlägt Grundmanns Herz für den Käfer, doch interessieren sich Vater und Sohn für alles, was die Niedersachsen aus der Grundkonstruktion Ferdinand Porsches gemacht haben. Deshalb sammeln sie natürlich auch Kübelwagen, den Porsche 356 und den Transporter. Und besonders viel Herzblut vergießen sie für die Karosseriebauer, die den Volkswagen neu eingekleidet haben. Karmann und ihren Ghia natürlich, und vor allem Rometsch. Denn damit hat die Liebe zum Käfer eigentlich erst begonnen, sagt Grundmann und erzählt von einem Treffen, das er eher aus Zufall während seiner US-Zeit besucht hat: An einem freien Wochenende in Kalifornien ist er auf ein Käfer-Treffen geraten und hat dort sein erstes Rometsch Cabrio gesehen. „Ich war auf den ersten Blick verliebt in das Design“, sagt der Sammler und befindet sich damit in guter Gesellschaft. Schließlich wurden Rometsch-Autos damals sogar von Hollywood-Stars wie Gregory Peck oder Audrey Hepburn gefahren.
Schon seinerzeit teurer als ein sehr viel stärkerer und sportlicherer Porsche 356 und heute absolute Raritäten, von denen nur einstellige Stückzahlen überlebt haben, wurden das Cabrio und das wegen seiner Form als „Banane“ gescholtene Coupé in den Jahren des Wiederaufbaus nach dem Krieg vom Berliner Karosseriebauer Rometsch nach einem Entwurf des Designers Johannes Beeskow gebaut.
Der war noch vor dem Krieg ein Star in Berlin und hat die teuersten Autos der Welt entworfen, erzählt Grundmann. Doch nach dem Krieg musste auch Beeskow wieder klein anfangen. Erst hat er eine Presse entwickelt, die aus Stahlhelmen Kochtöpfe formen konnte, und dann hat ihn der Zufall mit Friedrich Rometsch zusammengeführt, für den er banale Käfer zu luxuriösen Cabrios und Coupés umgestalten sollte. Das hat er so geschickt angefangen, dass auch Konkurrent Karmann auf ihn aufmerksam geworden ist und ihn später zum Chefdesigner gemacht hat.
Dass Grundmann diese Geschichte so gut kennt, hat einen einfachen Grund: Noch von den USA aus hat er in Deutschland nach einem Auto gesucht und so lange herumtelefoniert, bis er am Ende Bekanntschaft mit Beeskow persönlich gemacht hat und vom ihm einen Wagen nach dem anderen vermittelt bekam, erzählt er vom Wachstum seiner Sammlung, die mittlerweile zur größten ihrer Art zählt und deshalb natürlich eine eigene Halle hat. Dort stehen nicht nur mehr als ein halbes Dutzend Autos, sondern sogar das originale Büro des Firmenchefs, das Grundmann nach dem Ende der Firma zur Jahrtausendwende übernommen, in Berlin eingepackt und in seiner Halle wiederaufgebaut hat.
Eine Halle für Rometsch, eine für Porsche, gleich mehrere für die Käfer, Kübelwagen und Transporter aus Wolfsburg und die Werkstatt voll mit Projekten und Restaurierungen in den unterschiedlichsten Stadien – eigentlich ist die Sammlung der Grundmanns längst komplett und wirklich suchen tun die beiden schon lange nichts mehr, sagt der Senior. Doch dummerweise gibt es überall auf der Welt alte Volkswagen, die offenbar sie suchten und alle paar Wochen wird ihnen deshalb eine weitere Rarität angeboten, sagt Grundmann und diagnostiziert bei sich selbst ein Problem, das er mit vielen Sammlern teilt: „Ich kann einfach nicht nein sagen“.