Fahrbericht: Porsche 911 GT3 RS
So ein Auto gab es bei Porsche noch nicht. Der neue GT3 RS ist der King unter den Elfern. Eine ultimative Rennmaschine, eigentlich zu schade für die Strasse.
SP-X/Silverstone. Noch nie war der Sprung von einer Generation zur nächsten größer. Porsche hat mit dem 911 GT3 RS ein kompromissloses und konsequent auf Performance ausgelegtes Strassenauto gebaut. Eines der letzten seiner Art. Ein Muskeltier, vom Aussterben bedroht. Es ist die Essenz von Porsche und eine extreme Rennmaschine, die zufällig auch für die Straße geeignet ist.
Alles dreht sich um die Aerodynamik
Der neue „King of Elfer“ ist ein spektakuläres Wunderwerk aus dem Windkanal, das radikaler aussieht als viele andere Rennwagen. Andreas Preuninger, Baureihenleiter der GT-Fahrzeuge, sagte: „Es gab kein Projekt, bei dem wir mehr Zeit im Windtunnel zugebracht haben“. Über 250 Stunden kamen dabei zusammen, dazu 1.500 Simulationen. Bei diesem Leuchtturmprojekt dreht sich wirklich alles nur um die Aerodynamik.
Aktive, stufenlose Flügel-Elemente
Gemessen daran, dass es sich ja “nur” um ein Straßenfahrzeug handelt, wurde dafür ein gigantischer Aufwand betrieben. So wurden erstmals aktive, stufenlose Flügel-Elemente am vorderen Bereich des Fahrzeuges angebracht, um den Auftrieb zu minimieren. Der Mono-Kühler, welcher mittig unter der Fronthaube sitzt, ist effizienter und ist 30 Prozent kompakter als seine Vorgänger. Zusätzlich wiegt er sieben Kilo weniger. So schafft er zusätzlich Platz für weitere Aerodynamik-Elemente. Der Kofferraum entfällt komplett.
Sideblades, Heckdiffusor und ein aktiver Heckflügel
Der neue Elfer besitzt viele tolle Features, die das Fahren angenehmer machen. Die warme Brise aus dem Kühler wird aufwändig um die Karosserie herumgeleitet und verhindert so, dass sie hinten wieder zum Motor strömt und angesaugt wird. Dazu kommen Sideblades, Öffnungen in den Kotflügeln, ein Heckdiffusor und ein stattlicher aktiver, zweiteiliger Heckflügel, der sich automatisch oder per Knopfdruck verstellen lässt. Sogar Bauteile des Fahrwerks wurden windschlüpfrig in Tropfenform konstruiert. Das gesamte Aerodynamikpaket sorgt laut Porsche bei 285 km/h für einen Abtrieb von 860 Kilo, bei Tempo 200 sind es noch über 400 Kilogramm, mit denen der sportlichste aller Elfer auf die Straße gepresst wird. Der sogenannte Downforce konnte im Vergleich zum alten GT3 RS verdoppelt werden.
Kampfgewicht 1.450 Kilo
Das zweite große Thema neben der Aerodynamik ist der Leichtbau. Die Außenhaut wurde im Prinzip komplett neu gemacht, kaum ein Teil stammt noch vom Serien-Elfer. Um auf das Kampfgewicht von 1.450 Kilo zu kommen, sind Karosserie-Komponenten wie vordere Kotflügel, Dach, Front- und Heckdeckel sowie der komplette Heckflügel inklusive Träger aus leichtem Karbon gefertigt. Erstmals bestehen auch die Türen aus CFK, was alleine fünf Kilo einspart. Darüber hinaus sind alle Scheiben extra dünn und leicht – innen sparen die serienmäßigen CFK-Vollschalensitze weiteres Gewicht ein.
386 kW/525 PS
Kaum hat man sich in diese Schraubzwingen eingefädelt, fühlt man sich sofort mitten im Motorsport. Alles, was jetzt folgt ist nicht auf die Beschleunigung oder den Highspeed ausgelegt, sondern optimale Kurvengeschwindigkeit und maximalen Fahrspaß. Im Vergleich zum Vorgänger wurde die Leistung des 4,0-Liter Sechszylinder-Boxers um 11 kW/15 PS auf 386 kW/525 PS angehoben. Und mit 296 km/h Spitze bleibte erstmals ein GT3 RS unter der 300er-Marke. Doch die Souveränität, mit der sich der Modellathlet in Kurven wirft, ist einfach nur spektakulär und völlig neu. Der schärfste Serienelfer aller Zeiten verschiebt den Grenzbereich noch einmal enorm nach oben. Er macht aus mäßigen Fahrern schnelle und aus guten Piloten zu echten Profis.
Dämpfer mehrstufig verstellbar
Das Fahrwerk ist in der Grundeinstellung so ausgelegt, dass es für 90 Prozent der Fahrer passen soll. Die restlichen ambitionierten Racer können über vier Drehknöpfe am Lenkrad ihr Sportgerät schon während der Fahrt komplett individuell konfigurieren. Erstmals in einem Serien-Porsche lassen sich sogar Druck- und Zugstufen der Dämpfer mehrstufig verstellen – etwas, das früher nur gelenkige Mechaniker unterm Auto krabbelnd bewerkstelligen konnten, und sich dabei schmutzige Finger holten.
All die Möglichkeiten dieser irrsinnigen Doktorarbeit werden Feierabend-Drifter kaum ausschöpfen können und auch der Autor dieser Zeilen stößt an seine Grenzen, wollte er all die Finessen des neuen Porsche GT3 RS im Detail beschreiben. Selbst Andreas Preuninger gibt zu: “Als wir das Auto im Konzept festgelegt haben, waren wir echt mutig.”
Für die Rennstrecke gemacht
Dieses Auto ist für die Rennstrecke gemacht und das merken auch schnell Normalos ohne Fahrerlizenz. Der GT3 RS ist in Kurven berechnend, die Aerodynamik hilft beim stabilen Anbremsen aus hoher Geschwindigkeit und die Elektronik unterstützt dabei, wieder zügig aus der Kurve zu kommen. Das kurz abgestufte Doppelkupplungsgetriebe serviert ein sieben Gänge-Menüs, welches immer passt und der Sechszylinder bläst bis 9.000 Umdrehungen einen Marsch, der selbst reinen Rennwagen zur Ehre gereichen würde.
Null Ambitionen im Stadtverkehr
In diesem Kontext wäre es abwegig, etwas über Alltagstauglichkeit zu sagen. Dieser Kerl ist eher für die Rundstrecke gemacht und nicht für die Strasse. Er hat keinen Platz, weil ein Karbon-Käfig für Stabilität hinter den Sitzen sorgt. Und er hat auch keinen Komfort, weil sowieso keiner einfordern würde. Im Stadtverkehr hat er null Ambitionen zu reüssieren. Was sollte er auch da?
Ordentliche Wertsteigerung
Der Porsche 911 GT3 RS ist ein tolles Auto und seine glücklichen Besitzer können sich auf eine ordentliche Wertsteigerung freuen. In den USA, wo Händler keiner Preisbindung unterliegen, wird das Auto bereits für 250.000 Dollar über Listenpreis gehandelt und die Nachfrage ist weiterhin hoch. Und das Rennen hat gerade erst begonnen.
Porsche 911 GT3 RS – Technische Daten:
Zweitüriges Sportcoupé ; Länge: 4,57 Meter, Breite: 2,03 Meter, Höhe: 1,32 Meter
4,0-Liter Sechszylinder-Sauger-Benziner, Leistung 386 kW/525 PS, max. Drehmoment 465 Nm bei 6.300 U/min, Gewicht 1.450 kg, Siebengang-Speed-Automatikgetriebe (PDK), 0-100 km/h: 3,2 s, 0-200 km/h 10,6 s, Vmax: 296 km/h, Verbrauch kombiniert 13,4 l/100 km (WLTP). CO2 305 g/km, Effizienzklasse G
Preis: ab 229.517 Euro.