Porsche Taycan Cross Turismo: Camping auf hohem Niveau

Dachzelte eignen sich perfekt für Geländewagen oder SUV. Aber könnte man sie auch auf einem Sportwagen anbringen? Obwohl es abwegig klingt, hat es durchaus seinen Reiz. Man muss sich lediglich trauen, es auszuprobieren.

SP-X/Los Angeles. Seit Corona sind Dachzelte für Pkw ein Outdoor-Trend, auf den nun Porsche mit einem seit November verfügbaren Angebot reagiert. Stolze 5.000 Euro kostet der mit großem Porsche-Schriftzug versehene Kasten, der auf einem Dachträger ruht. Das Zelt stammt zwar von iKamper, doch Porsche hat der äußeren Hartschale einen aerodynamischen Feinschliff verpasst, der sich unter anderem akustisch bezahlt macht. Störende Windgeräusche zwischen Dach und Aufbau haben wir während unserer mehrstündigen Anfahrt zur Saddlerock Ranch im Hinterland von Los Angeles jedenfalls keine wahrgenommen.

Über Schotterpisten geht es zur Saddlerock Ranch in der Nähe von Los Angeles.
Über Schotterpisten geht es zur Saddlerock Ranch in der Nähe von Los Angeles. Foto: Porsche

Entspannte Fahrweise

Trotz der Abenteuer-Optik des Taycan Cross mutet die Box aber eher wie ein Fremdkörper denn schmückendes Beiwerk an. Und trotz Windkanal-Optimierung sorgt der Kasten für einen nicht unerheblichen Mehrverbrauch, wie Porsche einräumt, was sich im Fall des elektrischen Taycan entsprechend negativ auf die Reichweite auswirkt. Konkrete Zahlen, wie viel das im Detail ausmacht, nennt der Sportwagenhersteller nicht. Allerdings kann das Dachzelt auch positiv auf die Reichweite einzahlen, da es zu entspannter Fahrweise nötigt: Mit dem Aufbau sind 130 km/h das obere Limit.

Die Kraxeltour auf losem Untergrund stellt den Taycan vor keine Probleme.
Die Kraxeltour auf losem Untergrund stellt den Taycan vor keine Probleme. Foto: Porsche

„996 Roadtrip“

Allein angesichts der Tempobeschränkung werden sich viele die Frage nach dem Sinn der Dachzelt-Sportwagen-Kombination stellen. Sehr viel Sinn sieht darin der US-Amerikaner Brock Keen. Mit einem bereits betagterem 911 der Reihe 996 ist er mit Frau und Hund Lucy ebenfalls zur Ranch angereist. Keen ist Produzent und Protagonist des Social-Media-Formats „996 Roadtrip“, in dessen Zentrum Impressionen von Reisen mit seinem Elfer mit Dachzelt stehen.

Die Aussicht ist grandios.
Die Aussicht ist grandios. Foto: Porsche

Schnell aufgebaut

Seit 2018 hat er diverse Touren dokumentiert, auf denen er schon hunderte Male auf dem Dach des 996 übernachtet hat. Für Keen ist das Dachzelt generell die bessere Alternative zum klassischen Bodenzelt. Das Nachtlager lässt sich sehr schnell aufbauen. Selbst bei Starkregen bleibt man „untenrum“ trocken. Außerdem ist man vor Tieren besser geschützt. Speziell auf dem Sportwagendach ist im Vergleich zum SUV außerdem die Einstiegshöhe niedrig.

Geübte benötigen wenige Handgriffe, um das Nachlager aufzuschlagen.
Geübte benötigen wenige Handgriffe, um das Nachlager aufzuschlagen. Foto: Porsche

Lediglich ein paar Handgriffe

Auch uns hat sich der Reiz dieser Kombination im Praxistest erschlossen. Mit dem kraxelaffinen Taycan Cross Turismo sind wir auf dem weitläufigen Gelände der Ranch eine steile Schotterpiste zu einem einsamen Plätzchen mit grandiosem Berg- und Pazifik-Panorama hinaufgefahren. Ein idealer Standplatz war schnell gefunden. Anschließend brauchte es lediglich ein paar Handgriffe, um das Nachtlager mit Deluxe-Aussicht aufzuschlagen.

Später gesellt sich noch Brock Keen mit seinem betagten 911 samt Dachzelt dazu.
Später gesellt sich noch Brock Keen mit seinem betagten 911 samt Dachzelt dazu. Foto: Porsche

Die Schaummatratze liegt im Zeltboden bereit

Zunächst wird, unterstützt von Gasdruckdämpfern, die obere Hartschale hochgeklappt und parallel das Fußende des Zeltbodens samt angehängter Leiter ausgeklappt. Schon steht das Zelt. Anschließend müssen noch die solide Teleskopleiter, die das Zelt zusätzlich stützt, ausgerichtet und arretiert sowie mit Hilfe von Metallstangen das Vorzelt aufgespannt werden. Im Zeltboden liegt eine fein gearbeitete, allerdings etwas dünne Schaummatratze. Legt man anschließend Bettzeug oder ein Schlafsack hinein, ist das Nachtlager perfekt.

Als die Sonne untergeht, wird es ziemlich schnell ziemlich kalt.
Als die Sonne untergeht, wird es ziemlich schnell ziemlich kalt. Foto: Porsche

Tadellose Verarbeitung und angenehme Materialien

Mit 2,10 x 1,30 Meter ist die Liegefläche für zwei Personen ausreichend dimensioniert. Wird das Zelt auf einer Dachreling montiert, verträgt die Konstruktion 190 Kilogramm. Außen wie innen beeindruckt das Textil-Apartment mit tadelloser Verarbeitung und angenehmen Materialien, was angesichts des Preises allerdings selbstverständlich sein sollte. Die Zelthaut besteht aus einem atmungsaktiven Baumwollmischgewebe, was für gutes Klima auch im geschlossenen Zustand sorgt.

Das Nachtlager mit warmer Bettwäsche ist gemütlich, das Dachzelt schaukelt zudem nicht hin und her.
Das Nachtlager mit warmer Bettwäsche ist gemütlich, das Dachzelt schaukelt zudem nicht hin und her. Foto: Porsche

Kein Quietschen oder Knarzen

Besonders positiv sind uns während der Nacht der topfebene und vor Kälte schützende Boden sowie die Abwesenheit nerviger Geräusche aufgefallen. Bewegt man sich im Zelt, wird dies nicht von Quietschen oder Knarzen begleitet. Außerdem schaukelten wir nicht hin und her, denn der Taycan Cross ist ein Sportwagen und also ein alles andere als wankelmütiger Typ. Muss man nachts aufs Töpfchen, kann die schlaftrunkene Kletterpartie auf der Leiter allerdings etwas lästig sein. Doch der flache Sportwagen-Unterbau macht den Abstieg kurz.

Ausflüge in die „Wildnis“ muss man mit dem Porsche Taycan Cross Turismo nicht scheuen.
Ausflüge in die „Wildnis“ muss man mit dem Porsche Taycan Cross Turismo nicht scheuen. Foto: Porsche

Spontane Päuschen mit Übernachtung

Das Konzept Dachzelt hat natürlich auch Schwächen. Doch wer dieses auf dem Dach seines Pkw mitführt, hat stets die Möglichkeit, an schönen Orten spontan ein Päuschen mit Übernachtung einzulegen. Vor allem in einem Land wie den USA mit großartiger Wildnis und toleranten Regeln für Wildcamper ist das eine reizvolle Outdoor-Option. Europa ist enger und reglementierter. Doch auch hier finden sich charmante Plätze jenseits überfüllter Campinganlagen, die ein durchaus romantisches Setting für einen Dachzelt-Trip bieten können. Man muss sie nur suchen und sich außerdem trauen, der Komfortzone von Hotels zu entsagen.

Das von Porsche aerodynamisch optimierte Dachzelt kostet Reichweite. Außerdem sollte man mit dem Dachaufbau nicht schneller als 130 km/h fahren.
Das von Porsche aerodynamisch optimierte Dachzelt kostet Reichweite. Außerdem sollte man mit dem Dachaufbau nicht schneller als 130 km/h fahren. Foto: Porsche