Vergleich: Fünf elektrische Pick-ups
Lesezeit 4 Min. Lange Zeit wurden Pick-ups als Symbol des automobilen Überflusses und als spritfressende Umweltsünder betrachtet. Doch mit der elektrischen Revolution erfahren sie plötzlich einen Wandel und werden zum angesagten Lifestyle-Fahrzeug.
SP-X/Köln. Er ist so amerikanisch wie Coca-Cola und der Big Mac- und er hat einen genauso schlechten Ruf. Denn Pick-ups gelten als Blech gewordene Unvernunft und als hoffnungslos rückständig. Während die große Masse sie beständig kauft und begeistert fährt, brandmarkt sie der Rest als Dinosaurier und hofft auf ein möglichst baldiges Aussterben. Doch mit der elektrischen Revolution schlägt der Pritschenwagen der Evolution ein Schnippchen und erfindet sich neu: Mit leistungsstarkem Antrieb, coolem Design und gutem Gewissen wird er zum Lifestyle-Laster und startet jetzt durch, zum Teil sogar in Europa. Hier sind fünf Protagonisten dieses Trends, die unterschiedlicher kaum sein könnten.

Tesla Cybertruck
Als er vor fast vier Jahren präsentiert wurde, war er der Shooting Star unter den Pritschenwagen. Denn futuristischer als Tesla hat vorher noch niemand einen Pick-up gezeichnet. Doch während sich die Vorbestellungen ins schier unermessliche türmten, ist es erschreckend still geworden um den Cybertruck. Und wenn Elon Musk mal darüber gesprochen hat, dann nur, um den Liefertermin mal wieder nach hinten zu schieben.
Es mag die Karosserie aus blank poliertem Edelstahl wie weiland bei DeLorean sein, der Antrieb für Beschleunigungen auf dem Niveau eines Supersportwagens und Reichweiten von 800 Kilometern, die Anhängelast von sechs Tonnen, der Preisrahmen von 39.000 bis 69.000 Dollar oder schlicht die hohe Nachfrage nach Model Y und Model 3 – aber statt seit Ende 2021 auf der Straße zu sein, steht der Cybertruck noch immer in den Sternen.
Immerhin verdichten sich jetzt die Gerüchte, dass es – mal wieder – bald so weit sein könnte. Angeblich noch im dritten Quartal sollen die ersten Trucks aus der Gigafactory in – wie passend – Texas surren. Nur hat dummerweise keiner eine Jahreszahl dahinter geschrieben.

Rivian R1T
Des einen Leid, des anderen Freud. Denn viele potentielle Cybertruck-Kunden sitzen mittlerweile im Rivian R1T. Gezeichnet als hätte Apple seine Finger mit im Spiel gehabt, ist er nicht minder cool und „cabable“ – und vor allem seit einem guten Jahr zu Preisen von rund 70.000 und 100.000 Dollar bereits im Handel.
Er will weniger Nutzfahrzeug als Outdoor-Spielzeug sein und lockt vor allem die Lifestyle-Gesellschaft mit Extras wie der ausziehbaren Camping-Küche hinter der Kabine. Und auch die Fahrleistungen sprechen eher von Lust als von Last. Nicht umsonst installieren die Amerikaner bis zu 840 PS und versprechen einen Sprintwert von 3,3 Sekunden. Die Kraft dafür liefert ein Akku mit 120 kWh, der für mehr als 500 Kilometer reicht.
Dabei hat Rivian nicht allein den Heimatmarkt im Sinn. Jetzt, wo die Pick-ups das Stigma der Saurier verlieren, werden die Pritschenwagen plötzlich auch in anderen Ländern salonfähig und viele verkappte Cowboys können ihre Leidenschaft endlich ausleben. Offizielle Ankündigungen gibt es bislang zwar noch nicht. Doch am Flughaffen Liege wurde kürzlich bereits der erste R1T aus einem Cargoflieger geladen.

Ford F-150 Lightning
Der Cybertruck mag der King of Cool werden und der Rivian hat das Zeug zum SUV der Schickeria. Aber kein anderer elektrischer Pick-up hat so eine Breitenwirkung wie der Ford F-150 Lightning. Schließlich ist das die E-Version des seit über einem halben Jahrhundert meistverkauften Autos in den USA. Und die steht den Verbrenner-Varianten in nichts nach. Ja, der Preis wurde mittlerweile mehrfach angehoben und startet aktuell bei umgerechnet rund 55.000 Euro. Doch dafür gibt es je nach Version 452 oder 580 PS und immer ein maximales Drehmoment von 1.050 Nm. Das ermöglicht ein Spitzentempo von rund 170 km/h und Sprintwerte, die im besten Fall deutlich unter fünf Sekunden liegen sollen. Die Energie dafür liefern Akkus mit 98 oder 130 kWh, denen die amerikanische Umweltbehörde eine Reichweite von umgerechnet 370 oder 515 Kilometer attestiert hat.
Zwar ist der F-150 ein durch und durch amerikanisches Auto und für europäische Straßen eine halbe Nummer zu groß. Aber weil der Gegenwind der Kritiker mit dem E-Antrieb merklich nachlässt, schickt Ford den Bestseller jetzt sogar über den Atlantik – fürs erste allerdings nur nach Norwegen.

Maxus T90E
Nein, Eindruck schinden kann man mit dem Maxus T90E weniger auf dem Boulevard als allenfalls auf der Baustelle. Aber der vergleichsweise nüchterne China-Import hat gegenüber den noblen US-Modellen einen entscheidenden Vorteil: Man kann ihn als ersten elektrischen Pick-up bereits kaufen: Zu Preisen 65.450 Euro gibt es den 5,36 Meter langen Koloss mit einem 177 PS starken E-Motor an der Hinterachse für bis zu 120 km/h und einem 89 kWh großen Akku, der im Normzyklus für 330 Kilometer reichen soll.
Und während er als Poser nur mäßig geeignet ist, empfiehlt er sich zumindest als Praktiker: Die Pritsche hat ein Gardemaß von 1,49 mal 1,50 Metern, die Nutzlast liegt bei knapp einer Tonne und an den Haken darf der Maxus immerhin eine Tonne nehmen.

Telo Truck
Er ist der vielleicht innovativste unter den neuen Lifestyle-Lastern. Denn der ausgesprochen charmant wie ein modernisierter Bulli gezeichnete Telo-Truck ist nicht nur sauber, sondern auch smart. Schließlich braucht er nicht mehr Raum als ein Mini Countryman und kontert so auch noch die letzten Kritiker. Möglich machen das die platzsparend im Rahmen montierte Batterie und eine variable Rückwand, mit der man wahlweise die Zahl der Sitzplätze oder die Ladefläche erweitern kann. Die Fahrleistungen liegen auf dem Niveau der großen Konkurrenten: 500 PS weist das Start-up als Motorleistung aus und stellt eine Reichweite von 500 Kilometern in Aussicht. Und das alles zu einem Kampfpreis von 50.000 Dollar.
Einziger Haken: Bislang gibt es nur ein Designmodell und vor 2025 ist nicht mit der Serienproduktion zu rechnen, und auch die wird erstmal nur 500 Autos betragen.