Studie Volkswagen ID.Every1

Lesezeit 4 Min. Zu teuer, zu langsam, zu zögerlich – lange wirkte Volkswagen bei der Elektromobilität wie ausgebremst. Die ersten ID-Modelle konnten nicht restlos überzeugen, hohe Preise und Qualitätsmängel sorgten für Kritik. Doch nun will VW das Ruder herumreißen – mit einer vielversprechenden neuen Studie.

SP-X Düsseldorf. Ein vollelektrisches, in Europa produziertes Auto eines deutschen Herstellers für 20.000 Euro? 2026 wird der ID.Every1 von Volkswagen wohl tatsächlich für diesen (Basis)-Preis auf den Markt kommen.

Zum Preis von 20.000 Euro soll die Serienversion des ID.Every1 voraussichtlich kommendes Jahr zu haben sein. Foto: VW
Zum Preis von 20.000 Euro soll die Serienversion des ID.Every1 voraussichtlich kommendes Jahr zu haben sein. Foto: VW

Kampfansage

Das Fahrzeug soll nicht nur neue Kundengruppen in der E-Mobilität erschließen, sondern auch eine Art Kampfansage an all jene sein, die der deutschen Autoindustrie das Totenglöckchen läuten: Seht her, wir können es doch. Das jetzt gezeigte Fahrzeug ist eine Studie, wird anders heißen, aber nicht völlig anders aussehen. 

Beim Design des ID.Every1 verzichtet VW weitgehend auf Effekthascherei und überzeugt mit klaren Linien. Foto: VW
Beim Design des ID.Every1 verzichtet VW weitgehend auf Effekthascherei und überzeugt mit klaren Linien. Foto: VW

VWs Produktoffensive

Es ist zudem Teil einer großen Produktoffensive der Wolfsburger, bis 2027 sollen neun neue Modelle auf den Markt kommen, „darunter vier auf Basis des neuen Modularen E-Antriebsbaukastens MEB mit Frontantrieb“, so VW-Vorstandschef Thomas Schäfer bei der Präsentation.

Das Leuchtendesign des ID.Every1 wirkt auf zurückhaltende Weise schick. Foto: VW
Das Leuchtendesign des ID.Every1 wirkt auf zurückhaltende Weise schick. Foto: VW

Marke für alle

„Unser Anspruch: Wir werden bis 2030 der weltweit technologisch führende Volumenhersteller. Und zwar als Marke für alle – so wie man es von Volkswagen erwarten darf.“ Darauf soll auch das Wortspiel im Namen hindeuten: „Every1“, ausgesprochen „everyone“, also ein Auto für Jeden.

Der ID.Every1 ist mit 3,88 Metern (Up: 3,60 Meter) etwas kürzer als der aktuelle Polo (4,07 Meter). Foto: VW
Der ID.Every1 ist mit 3,88 Metern (Up: 3,60 Meter) etwas kürzer als der aktuelle Polo (4,07 Meter). Foto: VW

Der 20.000-Euro-Hype

Allzu ernst sollte man den 20.000-Euro-Hype allerdings nicht nehmen. Es wird zwar sicher ein Basismodell zu diesem Preis geben, allerdings dürfe ein einigermaßen alltagstauglich ausgestattetes Modell – wie üblich bei Volkswagen – deutlich teurer werden.

Der ID.Every1 bietet vier Einstiegstüren, deren Griffe bünding mit dem Türblech sind. Foto: VW
Der ID.Every1 bietet vier Einstiegstüren, deren Griffe bünding mit dem Türblech sind. Foto: VW

ID.Every1 als Nachfolger des VW Up

Modelltechnisch gesehen ist der ID.Every1 Nachfolger des bis 2023 gebauten Kleinwagens Up, der zwar beim Publikum gut ankam, die erforderlichen Gewinne allerdings nicht einfuhr. Der Neue ist mit 3,88 Metern (Up: 3,60 Meter) etwas kürzer als der aktuelle Polo (4,07 Meter) und als der vollelektrische ID.2all (4,05 Meter), der auf der gleichen Plattform steht und für rund 25.000 Euro ab 2026 auf den Markt kommen soll.

ID.Every1: Das Logo mittig im Heck leuchtet aus sich heraus. Foto: VW
ID.Every1: Das Logo mittig im Heck leuchtet aus sich heraus. Foto: VW

ID.Concept GTI

Mit dem etwas größeren, für 2027 avisierten ID.Concept GTI komplettiert der ID.Every1 die von VW so genannte Electric Urban Car Family an vollelektrischen Kleinwagen. Angetrieben wird der kleinste Elektriker der ID-Reihe von einem neu entwickelten E-Motor mit 70 kW/95 PS, er schafft 130 km/h in der Spitze und soll eine nicht gerade berauschende Reichweite von „mindestens 250 Kilometern“ bieten.

Wie die dunklen Scheiben des ID.Every1 sind auch die A-Säulen in Schwarz gehalten, was den Eindruck eines schwebenden Dachs erzeugt. Foto: VW
Wie die dunklen Scheiben des ID.Every1 sind auch die A-Säulen in Schwarz gehalten, was den Eindruck eines schwebenden Dachs erzeugt. Foto: VW

Ein Auto für die Stadt

In der Praxis, abzüglich der üblichen Reichweitenverluste und der Tatsache, dass ein Akku kaum wirklich leer gefahren wird, dass man wahrscheinlich alle 180 Kilometer nachladen muss. Ein Auto für die Stadt also.

VW setzt im Cockpit des ID.Every1 auf einen großen Touchscreen und ein kleines Display für fahrrelevante Informationen hinterm Lenkrad. Foto: VW
VW setzt im Cockpit des ID.Every1 auf einen großen Touchscreen und ein kleines Display für fahrrelevante Informationen hinterm Lenkrad. Foto: VW

Der VW ID.Every1 überzeugt mit klaren Linien

Beim Design des ID.Every1 verzichtet VW weitgehend auf Effekthascherei und überzeugt mit klaren Linien, wie sie dem Image der Marke entsprechen. Die Wolfsburger setzen damit einmal mehr auf Zeitlosigkeit und auf Wertbeständigkeit auch im Kleinwagensegment, eine gewisse optische Langeweile wird dafür in Kauf genommen. Der Innenraum profitiert vom MEB-Konzept: Trotz geringerer Länge ist er gleich groß wie beim aktuellen Polo. Die Breite von 1,81 Metern, gepaart mit der geringen Höhe von 1,49 Metern und 19 Zoll großen Rädern lassen den der ID.Every1 fast wie ein Spielzeugauto wirken.

VW ID.Every1: Wie einst beim Up sind die Kopfstützen in die Lehnen integriert. Foto: VW
VW ID.Every1: Wie einst beim Up sind die Kopfstützen in die Lehnen integriert. Foto: VW

Zum Erfolg verdammt

Dabei ist es den VW-Verantwortlichen mehr als ernst mit den Neuen: Sowohl die Serienversionen des ID.Every1 als auch des größeren ID.2all sind zum Erfolg verdammt. Da die Marge pro verkauftem Auto gerade beim kleinsten Modell relativ gering ausfallen dürfte, muss das Geld über Volumen gemacht werden. Man darf gespannt sein, ob der Plan aufgeht oder ob die Wolfsburger angesichts des teilweise enteilten Wettbewerbs diesmal zu spät dran sind.

Dieser Beitrag stammt von Frank Thomas Uhrig, Redakteur für das Redaktionsbüro SPS Spotpress Services GmbH.

VW setzt im Cockpit des ID.Every1 auf einen großen Touchscreen und ein kleines Display für fahrrelevante Informationen hinterm Lenkrad. Foto: VW
VW setzt im Cockpit des ID.Every1 auf einen großen Touchscreen und ein kleines Display für fahrrelevante Informationen hinterm Lenkrad. Foto: VW