In der Luxusliga will man auf den Zwölfzylinder nicht verzichten
Lesezeit 2 Min. Trotz des Trends zum Downsizing und der Mobilitätswende werden Verbrennungsmotoren zwar kleiner und weichen immer häufiger Elektromotoren, doch in der Luxusliga wollen sie auf den Zwölfzylinder nicht verzichten – und legen deshalb sogar nochmal nach.
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SP-X/Köln. Der Abgesang war laut und voller Wehklagen. Erst Audi, BMW und Mercedes und dann Bentley – überall haben sie in den letzten Jahren und Monaten den Zwölfzylinder zu Grabe getragen. Früher mal die Krönung des Motorenbaus und gleichermaßen bewundert für seine Laufruhe wie für seine Leistungsdaten, passt er – so die vorherrschende Meinung – nicht mehr in eine Zeit, in der CO2-Strafen drohen und immer lauter E-Maschinen gefordert werden.
Doch Halt, Stopp, Moment! Ganz so leicht gibt sich das vornehme Dutzend nicht geschlagen. So, wie sich Bugatti sogar einen neuen Sechzehnzylinder leistet, wollen ein paar besonders passionierte und/oder zahlungskräftige Kunden auch auf ihren Zwölfzylinder nicht verzichten – und die Industrie kommt diesem Anspruch mehr oder minder bereitwillig nach. Schließlich greifen die Auto-Afficinados dafür auch tief in die Tasche. Bei ihren Luxustöchtern dürfen die V12-Motoren aus München und Stuttgart deshalb weiterleben, auch der legendäre M275 von AMG findet noch Verwendung und zwei Sportwagenbauer leisten sich sogar einen komplett neuen Zwölfender.
Fünf der neuesten und/oder wichtigsten V12-Modelle stellen wir hier vor.
Ferrari 12Cilindri: Der Name ist Programm
Ferrari ohne Zwölfzylinder ist wie Spaghetti ohne Bolognese. Das wissen sie natürlich auch im Maranello und sind so stolz auf ihren Starrsinn, dass sie dem Motor jetzt sogar ein neues Modell widmen und den Nachfolger des 812 der Einfachheit halber gleich 12Cilindri. nennen
Unter der langen Haube steckt deshalb ein 6,5 Liter-Triebwerk, das 830 PS und knapp 700 Newtonmeter leistet, die vornehme Flunder in 2,9 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 beschleunigt und eine Höchstgeschwindigkeit von 340 km/h ermöglicht. Der Preis ist allerdings nicht minder exklusiv wie der Motor: Das Coupé startet bei 395 000, der Spider bei 435 000 Euro.
Aston Martin Vanquish: Mit Zwölf gespielt Sieben
Aston Martin empfiehlt sich mit dem neuen Vanquish für den nächsten Bond-Film. Und weil für 007 nur das Beste gerade gut genug ist, bekommt das Flaggschiff der Briten statt des bei AMG eingekauften Achtzylinders – natürlich – wieder einen V12. Und nachdem Ford in Köln mit dem Umbau zum E-Werk als Auftragsfertiger nicht mehr in Frage kommt, lassen die Briten das Triebwerk nach ihren persönlichen Spezifikationen eben daheim in England bei einer Manufaktur fertigen – und zwar maximal 1.000 Mal im Jahr.
Der Motor hat 5,2 Liter Hubraum und macht den Vanquish mit 835 PS zum bislang stärksten Serienmodell in der Firmengeschichte. Mit Fahrleistungen, die eines Bond-Auto würdig wären. Schließlich ist die Raserei erst bei 345 km/h vorbei. Gut möglich also, das am Set die Formel aufgeht, die beim Skat so nie gelten würde und Aston Martin vielleicht tatsächlich mit Zwölf gespeilt Sieben das Reizen um 007 gewinnt. Am Preis von rund 350.000 Euro wird es am Ende ja wohl kaum scheitern.
Rolls-Royce Phantom: Gespenstische Ruhe und geisterhafte Kraft
Waftability – das ist ein Begriff, den zwar nicht mal die Encyclopedia Britanica oder das Oxford Dictionary kennen, unter dem sich aber jeder so viel vorstellen kann, dass sich Rolls-Royce den sogar hat schützen lassen. Denn Waftability, so predigen uns die Briten immer wieder, meint diese geistergleiche, kaum spürbare und trotzdem ungeheuer kraftvolle Form der Fortbewegung, wie sie – natürlich! – nur ein Rolls-Royce bieten kann. Neuerdings mag das auch mit den E-Maschinen im Spectre gelingen. Aber zumindest in der alten Welt braucht es dafür einen V12 – und von dem wollen sie in Goodwood nicht lassen. Während die Konzernmutter BMW das Spenderaggregat längst eingestellt hat, bauen sie auf der Insel deshalb bis heute ihr 6,75 Liter großes Kraftwerk und montieren es zum Beispiel ins Flaggschiff Phantom. Und anders als früher machen sie dabei nicht einmal auf der Leistung ein Geheimnis. Wo die lange Zeit immer nur mit „ausreichend“ angegeben wurde, kann jetzt jeder nachlesen, dass es 560 PS und 900 Nm sind – wenn er denn einen Fahrzeugschein zur Hand hat. Und die Kleinigkeit von rund 400.000 Euro, um den auch zu bezahlen.
Maybach S 680 – Rentenzeit in Nadelstreifen
Auch Mercedes hat seinen V12 längst zu den Akten gelegt – und baut ihn trotzdem noch weiter. Denn um den Maybach ein bisschen von der S-Klasse abzugrenzen, gibt es nicht nur eine Handbreit mehr Radstand und Länge und entsprechend Lametta. Der Maybach S 680 ist das letzte Auto mit Stern, das tatsächlich noch die feine Zwölfton-Musik spielt.
Dabei setzen die Schwaben zu Preisen ab 230.092 Euro wie eh und je auf einen 6,0 Liter großen Bi-Turbo, der 612 PS erreicht, mit bis zu 900 Nm zu Werke geht und mühelose 250 km/h erreicht.
Allerdings hat Maybach den V12 nicht ganz exklusiv. Wer die S-Klasse als Guard bestellt und zwei Tonnen Panzerung herum kutschieren muss, der bekommt das kultivierteste aller Kraftpakete ebenfalls. Doch keine Sorge: Den Guard dürfen erstens nur Kanzler, Könige und Konzernbosse kaufen, und zweitens wird es da ohne Maybach-Logo da keineswegs billiger. Im Gegenteil: Unter 500.000 Euro, so hört man aus Stuttgart, ist ein Guard kaum zu bekommen.
Pagani: Last Machine running
Nicht nur bei Mercedes ist der V12 legendär – und mittlerweile Geschichte. Auch AMG hat dem dann allerdings weniger vornehmen als dreckigen Dutzend viel zu verdanken. Man denke nur an Autos wie den SL 65 oder gar den G65. Während davon in Affalternach aber schon längst keine Rede mehr ist, bauen sie das sechs Liter große Kraftpaket quasi im Lohnauftrag weiter. Schließlich gäbe es ohne die AMG-Maschine keinen Pagani mehr. Denn der Italiener aus Argentinien will von anderen Antrieben partout nichts wissen. Stattdessen konstruiert Horazio Pagani um den schwäbischen V12 ein Auto ums andere – zuletzt den Utopia Roadster. Dort kommt das Triebwerk dann auf 864 PS und 1.100 Nm. Allerdings hat dieses exklusive Vergnügen auch seinen Preis, bei dem offenbar der Name Pate stand. Denn mit 3,1 Millionen netto ist der Utopia auch utopisch teuer.
Dieser Beitrag stammt von Benjamin Bessinger, Redakteur für das Redaktionsbüro SPS Spotpress Services GmbH.