Fünf neue Auto-Marken aus China kommen nach Europa
Lesezeit 6 Min. Auch wenn seit Jahren schon jedes Quartal eine neue Marke aus dem Reich der Mitte kommt, ist die Zahl der Nachrücker schier unbegrenzt. Auch für 2025 laufen sich wieder ein paar Debütanten warm.
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SP-X/Köln. Es ist Rushhour auf der Seidenstraße – und zwar vor allem von Ost nach West. Während der Absatz der westlichen Hersteller in China beständig zurück geht, drängen immer mehr Hersteller aus der Volksrepublik auf den Weltmarkt und haben sich dabei vor allem Europa vorgenommen. Weil der Erfolg nirgends süßer schmeckt als auf dem hart umkämpften Neuwagenmarkt in Deutschland, sind die Straßen von München, Berlin oder Frankfurt ihre Favoriten. Das erste Dutzend Marken hat es schon versucht, viele davon sind bereits wieder verschwunden und auch die Zahlen sind eher ernüchternd. Denn Nio, BYD, Zeekr, MG & Co sind im letzten Jahr auf kaum mehr als ein Prozent Marktanteil gekommen – und zwar zusammen. Doch das ist für die Nachrücker offenbar kein Grund, es nicht selbst zu versuchen. Fünf Beispiele.
Firefly: Auf die billige Tour
Bislang beginnen die Preise bei Nio weit jenseits der 50 000 Euro. Doch bald wird es billiger. Denn von langer Hand geplant, hat Firmenchef William Li kurz vor Weihnachten in Guangzhou den Ableger „Firefly“ vorgestellt und den Marktstart noch für dieses Jahr angekündigt – und zwar nicht nur daheim in China, sondern auch bei uns. Zu Preisen, die in China knapp unter 20.000 Euro beginnen und in Deutschland trotz der Strafzölle sicher unter 30.000 Euro bleiben werden, sollen diese „Glühwürmchen“ Masse machen und gegen Modelle wie den Mini, seinen Vetter Ora sowie den Smart antreten. Und ganz nebenbei geht damit auch eine Abkehr von der reinen, also elektrischen Lehre einher. Denn spätestens 2026 will Li bei Firefly weiter Diversifizieren und auch einen Verbrenner einführen – zumindest als Plug-In-Hybrid.
GAC: Der große Unbekannte
Ihre ersten Autos haben sie schon vor 70 Jahren gebaut und bei den so genannten New Energy Vehicles reklamieren sie für sich mit ihrer Submarke Aion den Platz Drei in der Welt. Doch in Europa hat man von GAC noch nicht viel gehört. Das will die Guangzhou Automotive Group Co bald ändern und ihre Autos noch in diesem Jahr auch im Westen anbieten – zunächst rein elektrisch und später mit mindestens einem Plug-In-Hybrid. Dabei setzen die Chinesen vor allem auf zwei Modelle: Den Aion V als 4,60 Meter lange Alternative zu VW ID4 oder Renault Scenic, der für Preise in der unteren Hälfte der 30.000er gute 500 Kilometer Reichweite und Laden mit bis zu 180 kW bietet, sowie zwei Nummern kleiner der Aion UT. Er spielt in einer Liga mit Mini & CO, bietet rund 430 Kilometer Reichweite und soll für unter 30.000 Euro an den Start gehen. Für ausgewählt Märkte und in kleinen Stückzahlen kommen dazu für um die 30.000 Euro noch ein Aion Y als Herausforderer für den VW ID.3 sowie für geschätzte 50.000 Euro aufwärts der Hyptec HT, der auch als Klon des Tesla Model X durchgehen würde – die aufpreispflichtigen Falcon-Doors inklusive.
Chery: Drei Kirschen an einem starken Baum
Die Firma ist keine Unbekannte, baut seit 1997 Autos und exportiert schon bislang mehr als alle anderen Chinesen – nur nicht nach Europa. Das will Chery in diesem Jahr mit gleich drei Marken, mindestens sechs Modellen und einem breiten Antriebsportfolio ändern: Während die meisten chinesischen Newcomer ausschließlich auf E-Modelle setzen, plant der Hersteller aus Wuhu auch mit Verbrennern sowie Hybriden mit und ohne Stecker. Den Start macht die die designorientierten Marke Omoda mit dem 4,40 Meter langen SUV Omoda5 mit Benzintank für einen 180 PS starken Turbo oder mit Batterie für 440 Kilometer Reichweite. Kurz darauf folgt als reiner Verbrenner oder Hybrid der etwas größere Omoda7. Wer es etwas rustikaler mag, dem verkauft Chery auf der gleichen Plattform auch Jaacoo-Modelle, die ebenfalls in der Kompaktklasse angesiedelt sind. Parallel zu Omoda baut Chery die Marke Jaecoo auf, die unter den Kürzeln 7 und 8 ebenfalls in der Kompakt- und der Mittelklasse angesiedelt sind und auch mit Plug-in-Technik angeboten werden. Und weil es ohne Noblesse offenbar nicht geht bei den premium-versessenen Chinesen, gibt’s als Dritten im Bunde noch die Edelmarke Exlantix starten, die gegen Nio & Co antritt. Für sie sind zunächst die Limousine E03 und ein SUV namens E0Y in der Fünf-Meter-Klasse mit 800 Volt-Technik für besonders schnelles Laden und 80 kWh-Batterien für über 600 Kilometer Reichweite geplant-.
Dongfeng: Mit Voyah auf die Reise
Der Dongfeng-Konzern gehört neben FAW zu den Urgesteinen der chinesischen Automobilindustrie und schickt jetzt seinen Luxusableger Voyah auf die Reise in den Westen. Los geht es mit dem elektrischen XL-Geländewagen Free mit bis zu 489 PS und 500 Kilometern WLTP-Reichweite, der gegen Modelle wie den BMW iX oder den Mercedes EQS positioniert ist, aber kaum mehr als halb so viel kosten soll. Neben dem attraktiven Preis – in der Schweiz zum Beispiel ab 69.990 Franken - lockt er mit Gimmicks wie einem teilweise versenkbaren Armaturenbrett. Als zweites Modell planen die Chinesen mit dem 5,32 Meter Voyah Dream, der als elektrischer Luxusvan mit Riesenbildschirm und XXL-Sesseln für runde 90.000 Euro einen Mercedes EQV wie einen Kleinbus aussehen lässt und den VW ID.Buzz zum Lieferwagen stempelt. Und weil aller guten Dinge drei sind, steht bereits auch eine große Elektro-Limousine in den Startlöchern.
Flynt: Buchstäblich E-Commerce
Zwar wird der meiste Handel mittlerweile elektronisch abgewickelt, doch geliefert werden die Päckchen aus den großen E-Stores noch immer mit einem Diesel. Das will Flynt bald ändern und holt deshalb für Handel, Handwerk und Gewerbe aus China eine ganze Reihe elektrischer Transporter. Geplant sind demnach unterschiedliche Aufbauten auf einer elektrischen Skateboard-Plattform, die von der GAC-Tochter MiracoMotor eigens für leichte Nutzfahrzeuge entwickelt wurde und besonders niedrige Kosten bei Kauf, Betrieb und Unterhalt ermöglichen soll. Zudem ist auch schon alle Technik fürs autonome Fahren an Bord. Geplant sind Versionen für Päckchen oder Passagiere, die zwischen 8,7 und 16,5 Kubikmetern Ladekapazität bieten. Im Unterboden gibt es drei Akku-Pakete, die in den Einstiegsvarianten mit LFP- und in der Topversion mit NCM-Zellen bestückt sind. Bis zu 100 kWh sollen dann eine Reichweite von rund 500 Kilometern ermöglichen und Ladeleistungen von bestenfalls 200 kW die Standzeiten minimieren.
Dieser Beitrag stammt von Benjamin Bessinger, Redakteur für das Redaktionsbüro SPS Spotpress Services GmbH.