Fünf Exemplare des American Way of Drive
Lesezeit 3 Min. Unabhängig davon, ob es sich um einen Pick-Up, Geländewagen oder Sportwagen handelt: Fahrzeuge aus den USA bieten ein einzigartiges Fahr- besser gesagt: Lebensgefühl auf vier Rädern. Und das nicht nur während eines Urlaubs auf der Route 66. Hier sind fünf Beispiele.
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SP-X/Köln. Amerikanische Autos sind ein wenig außer Mode gekommen in den letzten Jahren. Zumindest die aus Detroit. Denn während Tesla in aller Munde ist, genau wie Rivian oder Lucid, hüllt sich über Ford, General Motors und die Stellantis-Schwestern Chrysler, Jeep und Dodge der Mantel des Schweigens. Das ist doppelt ungerecht. Denn auf der einen Seite wagen auch die nicht mehr ganz so großen Big Three aus Motown die den Aufbruch in die neue Antriebswelt. Und auf der anderen halten sie mit einer charmanten Sturheit fest an ihren Klassikern, die sie immer nur gerade so weit modernisieren, dass sie wieder halbwegs ins die Zeit passen. Wir haben fünf Kandidaten zusammengestellt, mit denen sich auch die die A1 anfühlt wie der Highway Number One, der Knüllwald wie Kalifornien und die Uckermark wie Utah.
Ram1500: Der Planwagen der Neuzeit
Er ist die moderne Fortschreibung des Planwagens und damit das amerikanische Auto schlechthin. Denn so, wie sich alle Siedler auf dem Kutschbock in den Westen aufgemacht haben, pocht heute noch immer das halbe Land auf die Pritsche – egal ob Farmer oder Firmenchef.
Zwar ist der Ford F-150 seit über einem Jahrhundert der Chef im Ring und an Nummer 2 steht der Chevrolet Silverado. Doch für uns Europäer lohnt am ehesten der Blick auf den Dritten im Bunde. Den Ram1500. Als Kind der großen Stellanis-Familie ist er nämlich der einzige US-Pick-Up nach alter Väter Sitte, der zu Preisen ab knapp 70.000 Euro auch ganz offiziell bei uns angeboten wird – und im Sommer ein wichtiges Update erfährt.
Dabei müssen die Fans des American Way of Drive allerdings ganz stark sein. Weil sie auch in Detroit nicht gefeit sind gegen Vernunft, mustern sie nach über zwei Jahrzehnten den legendären Hemi aus und nehmen Abschied vom Achtzylinder. Statt 5,7 Litern Hubraum müssen deshalb jetzt die 3,0-Liter eines Reihensechser reichen, der allerdings mehr Power bringt und trotzdem sparsamer ist: Schon die Basisversion hat 420 PS das Top-Modell sogar 540 PS. Neben dem Antrieb hat Ram auch die Ausstattung der Kabine modernisiert, die groß ist wie ein Ferienappartement: Es gibt einen riesigen Touchscreen und erstmals ein eigenes Display für den Beifahrer. Auch ein Autopilot ist an Bord: Mit ihm können Kunden auf langen Highway-Etappen dauerhaft die Hände in den Schoß legen und so nahezu freihändig von Coast to Coast cruisen.
Ford Mustang : Let the good times roll
Zwar mag der Elektropop gerade die automobilen Hitparaden stürmen, und das Bollern von V8-Motoren läuft nur noch bei den Oldies. Doch aus Detroit kommt jetzt noch einmal ein hitverdächtiger Chartstürmer im klassischen Motown-Sound: In diesem Sommer setzt die siebte Generation des Ford Mustang zum Sprung über den Atlantik an.
Und wenn Coupé und Cabrio zu Schätzpreisen ab 60.000 Euro in den Handel kommen, ist weder von einem Elektroantrieb die Rede noch von einem Hybriden, ja nicht einmal von einem 48 Volt-System. Stattdessen kommen die Amerikaner noch einmal mit Heavy Metall und haben sich dafür des fünf Liter großen Achtzylinders aus dem Vorgänger angenommen. Dank einer neuen Luftführung, doppelten Drosselklappen und viel Feinschliff soll der V8 nicht nur sparsamer geworden sein, sondern zudem auch noch einmal etwas kräftiger. Die genauen Werte lassen sich die Amerikaner noch nicht entlocken, doch mehr als 500 PS sollten in der höchsten Ausbaustufe schon drin sein.
Im Cockpit mussten die analogen Anzeigen Platz machen für einen weiten Display-Bogen. Auf dieser digitalen Spielwiese wollen die Designer jedes Pixel genutzt und eine Erlebniswelt geschaffen haben, die jeder Simulation die Show stehlen soll. Und natürlich gibt es fürs Smartphone eine eigene App zum Auto und für die Bildschirm-Landschaft das neueste Sync-System samt Sprachsteuerung und mobilem Internetzugang. Übrigens: kein anderes Auto wird so oft im Internet gesucht und keines bekommt bei Facebook so viele Likes. Ganz so aus der Zeit gefallen kann der Motown-Sound also offenbar nicht sein.
Chevrolet Corvette
Was dem Deutschen der Porsche 911, das ist dem Amerikaner die Corvette: Der coole Chevrolet ist der meistverkaufte Sportwagen schlechthin – und seit dem letzten Generationswechsel endlich auch ein ernstzunehmender Konkurrent für die europäische Elite. Nicht umsonst haben die Amis ihre Ikone komplett umgekrempelt und erstmals auf eine Mittelmotor-Konstruktion gesetzt.
Zu Preisen knapp unter 100 000 Euro über ein paar wenige halbwegs offizielle Importeure als Coupé oder Cabrio erhältlich, fährt sie aber weiterhin mit dem 6,2 Liter großen V8-Saugbenziner, der in der jüngsten Evolutionsstufe auf 482 PS kommt. Erstmals kombiniert mit einer Doppelkupplung, beschleunigt der Achtzylinder die US-Flunder mit bis zu 613 Nm in 3,5 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 und ermöglicht eine Höchstgeschwindigkeit von 296 km/h.
Zwar mag die aktuelle Corvette die beste aller Zeiten sein - superschnell, messerscharf und vor allem richtig modern und damit endlich auf Augenhöhe mit McLaren, Ferrari oder Lamborghini. Aber genau darin liegt das Problem. War sie mit ihrer endlos langen Haube und der legendären „Coke-Bottle-Form“ früher unverwechselbar, ist sie jetzt ein Supersportwagen wie jeder andere und geht auch als McFerraghini durch.
Jeep Wrangler: Legende im Gelände
Gegen ihn ist selbst die Mercedes G-Klasse ein Jungspund. Denn der Jeep Wrangler sieht nicht nur aus wie ein Oldtimer, sondern geht tatsächlich zurück bis auf den Willy’s Jeep von 1942, dessen Rundscheinwerfer genauso weiterleben wie die ausgestellten Kotflügel oder der Grill mit seinen sieben Schlitzen.
Aber nur weil er nach Steinzeit aussieht, ist er nicht von gestern. Immer wieder erneuert und mit der verschachtelten Ahnentafel aktuell in der vierten Generation, gibt es längst LED-Scheinwerfer, ein digitales Cockpit einen großen Touchscreen und – nach der großzügigen Zählung der Amerikaner – bald 100 Assistenz- und Sicherheitsmerkmale.
Auch unter der Haube hat eine neue Zeitrechnung begonnen. Zwar lässt der voll elektrische Wrangler noch ein wenig auf sich warten. Doch neben dem 69.900 Euro teuren Basismodell mit einem 272 PS starken 2,0-Liter-Turbo verkaufen die Amerikaner auch einen Plug-In-Hybrid mit 380 PS und immerhin rund 40 Kilometern elektrischer Reichweite.
Can-Am Spyder: Easy Rider für Einsteiger
Spätestens seit Dennis Hoppers und Peter Fondas legendärem Road Movie Easy Rider sind auch das Motorrad im allgemeinen und die Harley im Besonderen unzertrennbar mit dem American Way of Drive verbunden – nur, dass man dafür ein bisschen Geschick braucht und eben einen speziellen Führerschein.
Wem es an einem davon mangelt, dem bietet der – zugegeben kanadische, aber damit ja zumindest noch immer nordamerikanische – Nischenanbieter Bombardier eine Alternative: Eigentlich auf Motorschlitten und Offroad-Fahrzeuge spezialisiert, hat der den Can-Am Spyder entwickelt und das Motorrad zum Dreirad gemacht – mit zwei Rädern vorne und einem hinten.
In unterschiedlichen Konfigurationen zu Preisen ab 10.990 Euro verkauft, bis zu 115 PS stark und bestenfalls 170 km/h schnell, darf dieses Ski-Doo für die Straße auch mit dem Pkw-Führerschein gefahren werden. Und selbst wenn die Herren Hopper und Fonda darüber nur lachen würden, kommt dabei mit dem richtigen Mindset schnell ein wenig Easy-Rider-Feeling auf - egal ob auf der Route 66, dem Highway Number One oder auf der Bundesstraße B3.
Dieser Beitrag stammt von Benjamin Bessinger, Redakteur für das Redaktionsbüro SPS Spotpress Services GmbH