60 Jahre BMW 1500 bis 2000 tii
Mit den Dynamikern der Neuen Klasse katapultierte sich BMW vor 60 Jahren aus der größten Existenzkrise des Unternehmens. Tatsächlich gelang den Mittelklasse-Modellen BMW 1500 bis 2000 tii noch mehr: Mit ihnen befeuerte BMW das Rennen um den besten viertürigen Leistungssportler für Straße und Strecke.
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SP-X/Köln. Wie den 60. Geburtstag einer ikonischen Sportlimousine feiern, die BMW einst aus der größten Unternehmenskrise befreite, ein ganzes Auto-Jahrzehnt mitprägte und als Wegbereiter des BMW 5er Geschichte schrieb? Mit einer Wiederbelebung des legendären Namens Neue Klasse, unter der die von 1961 bis 1972 gebauten Typen 1500-2000 tii bekannt wurden, meint der Münchner Autobauer, und kündigte dazu eine Flotte vollelektrischer Modelle an, die ab 2025 die visionäre Idee der furiosen Neue-Klasse-Typen in die emissionsfreie Zukunft tragen sollen. Tatsächlich gibt es bis heute keine zweite Modellreihe, deren Name so sehr Programm war wie die dynamischen Neue-Klasse-Viertürer, mit denen BMW im September 1961 auf der Internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt Aufbruchstimmung in die ganze Branche brachte.
Gefeiert als optischer Augenschmaus und technische Delikatesse
Was für ein Auftritt der Bayern: Borgward mit seiner sportlichen Isabella war gerade untergegangen, da füllte BMW die Lücke schon mit einer schnellen 1,5-Liter-Limousine, die von der Fachwelt als optischer Augenschmaus und technische Delikatesse gefeiert wurde. Mit Inspiration von Starcouturier Michelotti hatte BMW-Chefdesigner Wilhelm Hofmeister den BMW 1500 in italienischer Leichtigkeit und Eleganz gezeichnet, und unter dem Blechkleid garantierte ein Triebwerk mit Rennsportgenen viel Temperament. Noch wusste es keiner, aber dieser BMW bot die Basis für eine Familie wilder Typen, die sportliche Trophäen sammelten und als Autobahnstürmer reüssierten – bis der BMW 5er kam.
Die „Neue-Klasse-Familie“
Waren es in den 1950ern die gefragten Winzlinge wie Isetta und 600 sowie die von Michelotti eingekleidete 700-Familie, mit denen BMW die Verluste durch die wenig populären Prachtkarossen BMW 501/502 ein klein wenig kompensierte, gelang den Münchnern der nachhaltige Neustart aus ihrer desaströsen Finanzlage mit den Vierzylindern der „Neue-Klasse-Familie“. Den sensationellen Erfolgsträger, der sich hinter den simplen Typencodes BMW 1500 (ab 1961), 1800 (ab 1963), 1600 (ab 1964) und 2000 (ab 1966) verbarg, feierten die Bayern 1972 mit der Eröffnung ihrer 101 Meter hohen Firmenzentrale, die in „Vierzylinder“-Architektur zu den Wahrzeichen von München avancierte.
Plattformstrategie nannte man damals Baukasten-System
In jenem Jahr übergaben die Neuen-Klasse-Limousine nach über 350.000 verkauften Einheiten den goldenen Staffelstab an die erste Generation des BMW 5ers. Nicht ohne zuvor, im Jahr 1966, die BMW 02-Serie als Urvater aller kompakten Dynamiker und damit auch des BMW 3er initiiert zu haben. Auch die Coupés BMW 2000 C/CS von 1965 sind Kinder der Neuen Klasse, mit der BMW die frisch entdeckte Plattformstrategie – vorläufig noch Baukasten-System genannt – ins Premiumsegment übertrug. Von Anfang an dabei übrigens der berühmte Hofmeister-Knick, jenes markante Designdetail in der C-Säule, das der 1500 in Großserie brachte.
Neustart aus der desaströsen Finanzlage
Waren es in den 1950ern die gefragten Winzlinge wie Isetta und 600 sowie die von Michelotti eingekleidete 700-Familie, mit denen BMW die Verluste durch die wenig populären Prachtkarossen BMW 501/502 ein klein wenig kompensierte, gelang den Münchnern der nachhaltige Neustart aus ihrer desaströsen Finanzlage mit den Vierzylindern der „Neue-Klasse-Familie“. Den sensationellen Erfolgsträger, der sich hinter den simplen Typencodes BMW 1500 (ab 1961), 1800 (ab 1963), 1600 (ab 1964) und 2000 (ab 1966) verbarg, feierten die Bayern 1972 mit der Eröffnung ihrer 101 Meter hohen Firmenzentrale, die in „Vierzylinder“-Architektur zu den Wahrzeichen von München avancierte.
Über 350.000 verkaufte Einheiten
In jenem Jahr übergaben die Neuen-Klasse-Limousine nach über 350.000 verkauften Einheiten den goldenen Staffelstab an die erste Generation des BMW 5ers. Nicht ohne zuvor, im Jahr 1966, die BMW 02-Serie als Urvater aller kompakten Dynamiker und damit auch des BMW 3er initiiert zu haben. Auch die Coupés BMW 2000 C/CS von 1965 sind Kinder der Neuen Klasse, mit der BMW die frisch entdeckte Plattformstrategie – vorläufig noch Baukasten-System genannt – ins Premiumsegment übertrug. Von Anfang an dabei übrigens der berühmte Hofmeister-Knick, jenes markante Designdetail in der C-Säule, das der 1500 in Großserie brachte.
So viel Leistung wie möglich
„Farbfernsehen nicht aufzuhalten“, „Fertighäuser sparen Zeit“ oder „Wer baut die erste Raumstation?“, lauteten die Schlagzeilen und Trends im Jahr 1961, da nützte es nichts, dass Minister Ludwig Erhard, Vater des deutschen Wirtschaftswunders, „Maß halten“ forderte. So viel Leistung wie möglich, nach dieser Devise machte auch BMW seine Mitte stark. Vorbei die Ära kurioser Kleinstvehikel und müde motorisierter Mittelklasse-Modelle der frühen Wiederaufbau-Jahre; die Autokäufer der Technik- und Tempo-verliebten 1960er traf stattdessen die BMW Neue Klasse als familientaugliche Porsche-Herausforderer ins Herz. Dafür genügten dem Vierzylinder mit innovativer oben liegender Nockenwelle (bis dahin charakteristisch für Rennmotoren) anfangs 59 kW/80 PS, wie die damals einzigartige Anzahl von 25.000 Vorbestellungen und Auszeichnungen a lá „Auto-Oscar“ bestätigten.
Vorsprung durch wegweisende Fahrdynamik
Fast keine Chance ließ der BMW 1500 etablierten Mittelklasse-Konkurrenten wie Opel Rekord, Ford Taunus 17 M, Peugeot 404 oder Lancia Flavia in Vergleichstests. Und diesen fahrdynamischen Vorsprung konnte die Neue-Klasse in finaler Ausbaustufe mit bis zu 96 kW/130 PS unter den Hauben von BMW 1800 TI/SA und 2000 tii meist wahren, obwohl Glas 1700, Ford 20 M RS, Opel Commodore GS, Alfa Giulia bzw. 1750 oder Volvo Amazon 123 GT nachlegten. Die Mercedes-Heckflossen-Modelle bzw. Strich-Achttypen waren damals übrigens teurer und höher positioniert, denn BMW-Vertriebsstratege Paul G. Hahnemann zielte auf die Nische zwischen Mercedes und Marken wie Audi oder Ford. Dem Leistungshype folgten schließlich aber auch die Sternträger, wie der mit 136 kW/185 PS aufwartende 280 E ab 1972 drastisch demonstrierte, den BMW dann mit dem Nachfolger der Neuen Klasse in Form des Typs 528 konterte.
So viel Vmax wie möglich
Zugegeben, am Anfang, in erster 1,5-Liter-Ausbaustufe zeichnete sich die aus Prototypen eines bereits in den 1950er geplanten sogenannten Mittelwagens hervorgegangene Neue Klasse noch nicht durch übermäßige Vehemenz aus. So viel Vmax wie möglich, diese Formel galt dann aber für die ab Herbst 1963 folgenden Modelle 1800 und 1800 TI auf Straße und Strecke. Mit 66 kW/90 PS bzw. 81 kW/110 PS Leistung waren die Vierzylinder-Viertürer schneller als viele Sechszylinder-Limousinen. Wem das noch nicht genügte, der bestellte entweder einen BMW 1800 TI mit „Alpina-Anlage“ und 92 kW/125 PS Leistung oder die Wettbewerbsversion 1800 TI/SA. Das auf 96 kW/130 PS (im Motorsport bis 136 kW/185 PS) erstarkte Triebwerk machte die Limousine in Tests rund 200 km/h schnell – und zum Schrecken früher Porsche 911-Piloten. Motorsportlorbeer sammelte die Neue Klasse vor allem unter der Rennsportlegende Hubert Hahne: Gesamtsieg beim 12 Stunden-Rennen auf dem Nürburgring 1964, Deutscher Rundstreckenmeister 1964, Gesamtsieg bei den 24 Stunden von Spa 1966 und erste Nürburgring-Nordschleifenzeit für Tourenwagen von unter zehn Minuten lauteten die frühen Triumphe. Die robusten Triebwerksblöcke des Vierzylinders machte der legendäre Motorenentwickler Paul Rosche sogar fit für die Formel 1: 1983 dienten sie als Basis für den 588 kW/800 PS starken 1,5-Liter-Turbo, mit dem Nelson Piquet auf Brabham-BMW die Weltmeisterschaft gewann.
Der „schnelle Stürmer unter den Automobilen“
Ab 1966 forderte das frisch lancierte Topmodell BMW 2000 zum Leistungsmessen. Dies mit einem Motor, der dank fünffach gelagerter Kugelwelle mit acht Gegengewichten über eine viel gelobte Laufkultur verfügte. Optisch gab sich der mindestens 74 kW/100 PS bzw. mit Einspritzung bis 96 kW/130 PS leistende Typ 2000 im Rückspiegel an Rechteck- statt Rundscheinwerfern zu erkennen. Feine Details, die genügten, um BMW in der automobilen Schickeria zu etablieren, denn nun setzten auch Sportidole wie der deutsche Fußball-Nationalspieler Berti Vogts ebenso auf die Vierzylinder der Zwei-Liter-Klasse wie der damalige TV-Kult-Ermittler Keller in „Der Kommissar“. Und der brasilianische Fußball-Superstar Pelé lobte sogar die Coupé-Variante BMW 2000 CS werbewirksam als „schnellen Stürmer unter den Automobilen“. Allerdings war es auch das Coupé, das schon 1969 durch den 2800 CS abgelöste wurde und so den goldenen Sonnenuntergang für die Neue Klasse ankündigte. Drei Jahre später war es so weit: BMW 5er versus Mercedes Mittelklasse lautete das neue Duell.
Chronik BMW 1500 bis 2000 tii:
1953: BMW beginnt mit den Planungen für einen Mittelklassewagen, der positioniert werden soll zwischen den großen Sechs- und Achtzylindern sowie den kleinen Ein- und Zweizylindermotoren
1961: Weltpremiere feiert der BMW 1500 als erster Typ der Neuen Klasse im September auf der IAA in Frankfurt
1962: Der BMW 1500 wird der Presse im Juni bei einer Fahrvorstellung gezeigt. Bis zu diesem Zeitpunkt sind bereits 25.000 Vorbestellungen eingegangen. Produktionsbeginn für den BMW 1500 ist erst im August
1963: Die Fertigung des BMW 1800 beginnt im September, unmittelbar nach der Messepremiere auf der Frankfurter IAA. Dort debütiert auch der BMW 1800 TI, dessen Serienproduktion im Oktober anläuft. Das Kürzel TI steht für Touring International
1964: Die Produktion des neuen Typs BMW 1600 startet im April. Im Dezember läuft die Fertigung des nun nur noch wenig gefragten BMW 1500 aus. Der Rennfahrer Hubert Hahne siegt bei 14 von 16 Rennen auf BMW 1800 TI und wird deutscher Rundstreckenmeister. Beim 12-Stunden-Rennen für Tourenwagen auf dem Nürburgring fährt Hahne ebenfalls auf BMW 1800 den Gesamtsieg ein
1965: Alpina bietet nun ebenfalls einen BMW 1800 TI an mit „Alpina-Anlage“ (inklusive zwei Weber-Doppelvergaser) und 92 kW/125 PS Leistung für 182 km/h Vmax und einen Wert von 10,2 Sekunden für den Spurt von null auf 100 km/h. Bemerkenswert ist auch der für den Alpina-BMW bestellbare riesige 105-Liter-Benzintank. Die Produktion des neuen Leistungsträgers BMW 1800 TI/SA läuft von Januar bis Juni an. Insgesamt werden nur 200 Einheiten der stärksten 1800-Version hergestellt und ausschließlich an lizenzierte Renn- und Sportfahrer in Europa und den USA verkauft. Die Buchstaben SA stehen für Sonderausführung. Produktionsjubiläum am 18. August: 100.000 Fahrzeuge der Neuen Klasse. Produktionsstart für die Coupé-Versionen der neuen Klasse, die BMW 2000 CA/C
1966: Anlauf der Serienfertigung der Spitzentypen der Neuen Klasse, BMW 2000 (mit eigenständigem Front- und Heckdesign) und 2000 TI (optisch vergleichbar dem 1800) im Januar sowie des 2000 TI-lux (Design wie BMW 2000) im August. Produktionsbeginn des stärksten Coupés der Neuen Klasse vom Typ 2000 CS im Februar. Produktionsende des viertürigen BMW 1600 im Juni und des 1800 TI im Dezember. Statt des bisherigen BMW 1600 ergänzt der neue zweitürige BMW 1600 das BMW-Portfolio, dieser intern auch 1600-2 genannte BMW bildet den Auftakt zur 02-Serie, die später bis zum 2002 tii und 2002 turbo ausgebaut wird. Am 6. August umrundet Rennfahrer Hubert Hahne auf BMW 2000 TI als erster Fahrer in einem Tourenwagen die Nürburgring Nordschleife in weniger als 10 Minuten (9:58 Minuten). Gemeinsam mit Jacky Ickx gewinnt Hahne das 24-Stunden-Rennen in Spa-Francorchamps
1967: Helmut Bein gewinnt auf BMW 1600 acht von zehn Rennen der Deutschen Automobil-Rallyemeisterschaft und wird Meister aller Klassen
1968: Der BMW 2000 TI wird ab Juli nicht mehr gefertigt, ebenso die Coupé-Versionen 2000 CA/C. Seit Juli wird der BMW 2000 TI-lux als BMW 2000 tilux angeboten. Einführung modellgepflegter Versionen von BMW 1800 und 2000 im August. Produktionsende BMW 2000 CS im August. Stattdessen folgt das Sechszylinder-Coupé BMW 2800 CS mit dem Designkonzept des 2000 CS, aber verlängertem Vorderwagen und markanten Doppelscheinwerfern
1969: Premiere des BMW 2000 tii im September, Anlaufen der Produktion im Dezember
1970: Der BMW 2000 tilux wird aus dem Programm genommen
1971: Debüt eines facegelifteten BMW 1800 im Design des BMW 2000 im Januar, Verkaufsbeginn im Mai
1972: Im Januar Produktionsende für den BMW 2000, im Juli für den 2000 tii und den 1800. Nachfolger der Neuen Klasse wird der BMW 520, der im Umfeld der Olympischen Spiele in München vorgestellt wird
2021: BMW feiert das Jubiläum „50 Jahre Neue Klasse“ auf vielfältige Weise, dazu zählt auch die Revitalisierung des Begriffs „Neue Klasse“. Ab 2025 soll diese „Neue Klasse“ die Architektur für alle BMW-Modelle liefern, die dann immer mindestens eine elektrisch angetriebene Hinterachse haben sollen plus CO2-arm hergestellte und kreislauffähige Batterien zu Herstellungskosten und mit Reichweiten konventioneller Verbrenner
Produktionszahlen der BMW Neue-Klasse-Typen (1500-2000):
Insgesamt über 350.000 Einheiten (vom September 1961 bzw. vom Serienstart im August 1962 bis Juli 1972), davon
BMW 1500 (1962 bis 1964): 23.807 Einheiten
BMW 1600 (1964 bis 1966): 9.728 Einheiten
BMW 1800 (1963 bis 1972): 160.973 Einheiten, davon als 1800 TI (1963 1966) 19.663 Einheiten, als 1800 TI/SA (1965) 200 Einheiten
BMW 2000 (1966 bis 1972): 158.057 Einheiten, davon als 2000 TI (1966 bis 1968) 6.480 Einheiten, als 2000 tii (1969 bis 1972) 1.922 Einheiten, als 2000 C/A bzw. 2000 CS (1965-1968) 11.720 Einheiten
Wichtige Motorisierungen:
BMW 1500 (ab August 1961) mit 1,5-Liter-Vierzylinder (59 kW/80 PS)
BMW 1600 (ab April 1964) mit 1,6-Liter-Vierzylinder (61 kW/83 PS)
BMW 1800 (ab September 1963) mit 1,8-Liter-Vierzylinder (66 kW/90 PS)
BMW 1800 TI (ab Oktober 1963) mit 1,8-Liter-Vierzylinder (81 kW/110 PS)
BMW 1800 TI/SA (ab Januar 1965) mit 1,8-Liter-Vierzylinder (96 kW/130 PS)
BMW 2000 (ab Januar 1966) mit 2,0-Liter-Vierzylinder (74 kW/100 PS)
BMW 2000 TI (ab Januar 1966) mit 2,0-Liter-Vierzylinder (88 kW/120 PS)
BMW 2000 TI-lux (ab August 1966) mit 2,0-Liter-Vierzylinder (88 kW/120 PS)
BMW 2000 tilux (ab Juli 1968) mit 2,0-Liter-Vierzylinder (88 kW/120 PS)
BMW 2000 tii (ab Dezember 1969) mit 2,0-Liter-Vierzylinder (96 kW/130 PS)
BMW 2000 CA/C (ab September 1965) mit 2,0-Liter-Vierzylinder (74 kW/100 PS)
BMW 2000 CS (ab Februar 1966) mit 2,0-Liter-Vierzylinder (88 kW/120 PS)